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13. Januar 2020

KUZ Interview: Junge Bühne Mainz

Ganze drei Mal ist die Junge Bühne Mainz im Februar bei uns zu Gast. Wir haben das zum Anlass genommen Philip Barth (Künstlerische und Regieführende Leitung, Gesellschafter und Schauspieler) und Nazife Ilhan (Leitende Gesellschafterin, Schauspielerin) ein paar Fragen zu stellen.

Ihr feiert 2020 Eure bereits 10. Spielzeit. Aus wie vielen Schauspielerinnen und Schauspielern besteht das Junge Bühne Mainz-Ensemble aktuell?

Philip Barth: Auf natürlichem Wege hat sich unser Theater über die Jahre kontinuierlich professionalisiert und das Ensemble hat sich im Rahmen des immer umfangreicher werdenden Programms vergrößert. Heute spielen 16 Schauspielerinnen und Schauspieler aus der freien Kulturszene des Rhein-Main-Gebiets bei uns und die Konstellation des Ensembles ist sehr konstant.

Nazife Ilhan: Viele der heutigen Schauspielerinnen und Schauspieler im Junge Bühne Mainz-Ensemble sind seit 2015 / 2016 dabei. Das ist sehr angenehm, da hierdurch personelle Strukturen entstanden sind, die auch eine mittel- bis langfristige Programmplanung zulassen. Außerdem macht es einfach Spaß, in einer so langlebigen Ensemblezusammensetzung die unterschiedlichsten Inszenierungen zu realisieren.

Wie habt Ihr Euch kennengelernt?

Nazife Ilhan: Philip leitet die Junge Bühne Mainz ja schon seit 2011. Ich bin seit 2015 dabei. Kennengelernt haben wir uns zuvor im selben Jahr bei einem Interview als ich im Studium eine Forschungsarbeit zu Produktionsprozessen an Theatern gemacht habe. Philip fragte mich schließlich, ob ich mir vorstellen könnte, bei den Weihnachtsmärchen-Vorstellungen 2015 die Technik zu fahren. Am Ende stand ich dann doch auf der Bühne, um eine kurzfristig erkrankte Schauspielerin zu vertreten. So wurde ich reguläres Mitglied des Ensembles und seit 2018 bin ich als Gesellschafterin mit Philip zusammen in der Theaterleitung.

Philip Barth: Beim Ensemble sind die Wege der einzelnen Künstlerinnen und Künstler zu uns unterschiedlich. In den ersten Jahren habe ich Kolleginnen und Kollegen, die ich aus vorigen Engagements kannte oder in anderen Produktionen gesehen habe, gezielt angefragt. Seit 2014 gibt es auch viele seriöse Bewerbungen für unser Ensemble. Wichtig ist, dass alle unsere Schauspielerinnen und Schauspieler den Ensemblegedanken repräsentieren und Lust auf eine gemeinschaftliche Arbeitsweise haben.

Gerne inszeniert Ihr Klassiker auf der Bühne in einer moderneren Variante. Wie gelingt der Sprung in die Gegenwart?

Philip Barth: Bei den Klassikern in unserer „Schauspiel“-Sparte geht uns nicht darum, einfach mal ein altes Stück zu nehmen und in ungebändigter Modernisierungslust alle Figuren auf E-Scootern über die Bühne flitzen zu lassen oder jeden Dialog als Whats-App-Chat darzustellen. Wir fokussieren uns auf die nicht historisch gebundenen zwischenmenschlichen Konflikte: Liebe, Neid, Eifersucht, Machtgier oder auch individuelle Selbstzweifel sind zeitlose Emotionen und zugleich der Motor zahlreicher klassischer Stückhandlungen. Letztendlich ist es ja diese Zeitlosigkeit der inhaltlichen Kernkonflikte, die ein Stück zum Klassiker machen.

Nazife Ilhan: Viele unserer Inszenierungen wie „Kabale und Liebe“, „Woyzeck“ oder „Macbeth“ sind vor allem in den Bereichen Kostüme, Bühnenbild, Requisite oder auch Musikauswahl modernisiert, während der Original-Text im Wesentlichen gewahrt bleibt. In „Frühlings Erwachen“ haben wir hingegen auch textlich in Teilen eine moderne Bearbeitung vorgenommen, um die Probleme der jugendlichen Hauptfiguren glaubwürdig in die heutige Zeit zu übertragen.

Philip Barth: Und in unserer zweiten Sparte, dem „Kinder- und Jugendtheater“, gehen wir konzeptionell ganz ähnlich vor. Auch hier ist es uns wichtig, dass die Inszenierungen eine inhaltliche Relevanz haben.

Ihr habt nun schon einige Vorstellungen im KUZ hinter Euch. Was macht das Spielen im Lehrsaal für Euch aus?

Nazife Ilhan: Der Lehrsaal zeichnet sich durch seine intime Bühnenbeschaffenheit aus. Es gibt keine nennenswerten Barrieren zwischen Bühne und Zuschauerraum. Das Publikum ist immer sehr nah am Geschehen dran.

Philip Barth: Dies lädt dazu ein, relativ nahtlos den gesamten Raum zu bespielen und Schauspielerinnen und Schauspieler beispielsweise auch in den Zugängen und zwischen den Sitzreihen agieren zu lassen. Es ist diese unmittelbare Nähe von Bühnengeschehen und Publikum die das Spielen im Lehrsaal ausmacht und stets Reiz und Herausforderung zugleich ist.

Was habt Ihr aus dem ersten Jahr wiedereröffneten KUZ mitgenommen?

Philip Barth: Den Lehrsaal als zusätzliche Spielstätte zu gewinnen und am 22.12.2018 mit unserem Medley-Programm „Gesammelte Werke“ offiziell eröffnen zu dürfen, war natürlich ein ganz besonderes Gefühl. Das alte KUZ hatte ja immer großen Wert auf ein vielseitiges Theaterprogramm gelegt. Das Ensemble sein zu dürfen, welches im neuen KUZ als erstes an diese Tradition anknüpft, haben wir alle als große Ehre empfunden.

Nazife Ilhan: Durch die zweite Spielstätte im KUZ können wir uns programmatisch nun noch breiter aufstellen und z.B. mehr Stücke über längere Zeit im Spielplan halten. Auch konnten wir neue Publikums-Zielgruppen ansprechen, die seitdem das Programm beider Spielstätten - M8 Mainz und KUZ Mainz - besuchen.

Philip Barth: Die kooperative Ausrichtung des neuen KUZ ist sehr angenehm. Das Haus ist nicht nur Location für überregional bedeutsame Kulturevents, sondern erweist sich auch als attraktive Drehscheibe und Schaufenster für die regionale / lokale Kulturszene. So sind Synergieeffekte möglich, von denen die Mainzer Kulturlandschaft als Ganzes profitieren kann. Wir selbst blicken gespannt in die Zukunft.

Im Februar seht Ihr die Junge Bühne Mainz am 9. Februar (Das Dschungelbuch), 13. Februar (Frühlings Erwachen) und 18. Februar (Woyzeck). Infos & Tickets gibt es hier.